Landwirtschaft und Getreidemühle
Das Seidl-Anwesen war einer der Urbarhöfe Ismanings. Gemeinsam mit der älteren Mühle am Kirchplatz erfüllte die Seidl-Mühle fast 300 Jahre lang für den Ort eine wichtige Funktion: Die Bauern ließen hier ihr Getreide für den Verkauf oder den eigenen Bedarf mahlen.
Über mehrere Generationen wurde das Gut ausgebaut und der Grundbesitz vermehrt. Anfang des 20. Jahrhunderts beschäftigte man mehr als ein Dutzend Mägde und Knechte. Als Besitzer des größten Hofs nahm die Familie Seidl eine Sonderstellung im Ort ein. Dazu gehörten einige Privilegien, aber auch wohltätiges Engagement: in der Nachkriegszeit verschenkten die Seidls Brot an hungrige Kinder.
Schicksalsschläge der Familie Seidl und ihre wirtschaftlichen Konsequenzen
Nach dem Brand 1905 begann baulich und technisch die Glanzzeit des Anwesens, privat kam es jedoch zu schweren Schicksalsschlägen. Johann Seidl und seine Frau hatten zwei Söhne und vier Töchter. Die als Nachfolger vorgesehenen Söhne starben 1918/19 während einer Grippe-Epidemie, zwei Jahre später folgte ihnen die Mutter. 1936 starb auch Johann Seidl und hinterließ den Besitz seinen Töchtern. Diese hatten als „höhere Töchter“ Klavier- und Ballettunterricht erhalten, auf die Führung eines landwirtschaftlichen Betriebes wurden sie nicht vorbereitet. Zwar war eine von ihnen mit dem Müller Rupert Riedmaier verheiratet, der das Gut bis Ende der 1950er Jahre verwaltete. Doch als Erbengemeinschaft konnten sie auf den wirtschaftlichen Wandel der Nachkriegszeit nicht schnell genug reagieren. Die Anlagen veralteten. Die Landwirtschaft wurde verkleinert, Äcker verkauft oder verpachtet; Wirtschaftsgebäude vermietet, bis schließlich der gesamte Gutsbetrieb eingestellt wurde.
Bildnachweis: Gemeinde Ismaning